"Großer Wunsch nach der Fortführung der Versöhnungsidee"
Deutsche Ehrenamtliche besucht KZ-Überlebende in Polen
01.02.2022 Im Dezember fuhr unsere ehrenamtlich Engagierte Marianne Drechsel-Gillner zu Krankenbesuchen nach Poznan. Nach den Hausbesuchen in Warschau im Spätsommer war es die zweite Reise nach Polen, die sie im Auftrag des Maximilian-Kolbe-Werks im vergangenen Jahr unternehmen konnte.
Während ihres zehntägigen Aufenthalts besuchte sie in Begleitung der Vetrauensfrauen Maria Banach und Krystyna Przewozniak 18 KZ-Überlebende. "Wir haben Besuche in Poznan gemacht, aber auch in der mehr ländlichen Umgebung, wo die familiären Strukturen und Konstellationen doch anders als in einer Großstadt sind", erzählt Frau Drechsel-Gillner.
Der erste Besuch in Poznan galt der KZ-Überlebenden Elzbieta Nowak. "Die 88-Jährige leidet an Krebs, hat mehrere Operationen hinter sich und ist entsprechend niedergeschlagen", sagt Marianne Drechsel-Gillner. Frau Nowak muss regelmäßig Medikamente einnehmen und auf vollwertige Ernährung achten. Aufgrund ihrer schlechten physischen Verfassung kann sie ihren Alltag nicht mehr selbständig bewältigen und wird von ihrem Ehemann liebevoll versorgt. Während des 2. Weltkriegs engagierte sich der Vater von Elzbieta Nowak gegen die deutschen Besatzer im Untergrund, wurde verhaftet und 1943 ermordet. Elzbietas Mutter wurde ins Konzentrationslager Auschwitz deportiert, wo sie zu Tode kam. Die zehnjährige Elzbieta wurde als Vollwaise ins Jugendverwahrlager Litzmannstadt gebracht.
Mit seinen 97 Jahren war Antoni Waltrowski der Älteste unter den Besuchten. Die Gäste nahm er zusammen mit seinem Sohn in Empfang. Bei Kaffee und Kuchen erzählte der Witwer von seinen Passionen Malerei und Philatelie. "Er sammelt die Briefmarken und Poststempel aus allen Herrenländern und war früher mit der ganzen Welt im Austausch", erfahren wir von unserer Ehrenamtlichen. "Wenn er uns diese Schätze zeigt, wirkt er jung und voller Elan, obwohl er kurze Zeit später sagt, dass ihm seine Frau fehlt..."
Auch die Vertrauensfrau Krystyna Przewozniak (85), Überlebende des Jugendverwahrlagers Litzmannstadt, lud die Besucherin aus Deutschland zu sich nach Hause ein, zeigte Fotos und erzählte ausführlich über die Leidensgeschichte ihrer Familie. "Der schlimmste Augenblick in ihrem Leben war, als eines Tages die Mutter sich auf eine Stufe setzte und weinte. Beim Erzählen kommen Frau Przewozniak heute noch die Tränen", so Marianne Drechsel-Gillner.
Im Jugendverwahrlager Litzmannstadt interniert war auch Wojciech Skibinski (*1940) aus Puszczykowo. "Gleich bei der Begrüßung deutet Herr Wojciech auf seinen Pullover und sagt, dass er ihn noch von Elisabeth Erb - der langjährigen MKW-Geschäftsführerin - erhalten habe," sagt Marianne Drechsel-Gillner.
Bei ihm Zuhause traf sie auch seine beiden Brüder Jerzy (*1935) und Szczesny (*1942) an. Der 81-jährige Wojciech Skibinski, der mittlere Bruder, erzählte ausführlich die Geschichte der vier Kinder (die ältere Schwester Wieslawa lebt nicht mehr): Nach der Verhaftung der Eltern wurden die drei ältesten Geschwister in das Kinder- und Jugendverwahrlager Litzmannstadt gebracht. Der Jüngste, Szczesny, kam nach Potulice. Wojciech Skibinski schilderte auch das für ihn befremdliche Gefühl, nach dem Lager seine Mutter wieder zu sehen, denn er konnte sie nicht wiedererkennen. "Das Gespräch und vor allem auch der Abschied waren geprägt vom Wunsch der Fortführung der Idee der Versöhnung durch das Maximilian-Kolbe-Werk", sagt Marianne Drechsel-Gillner.
Als Fazit stellte Marianne Drechsel-Gillner fest: "Es ist für mich immer wieder beeindruckend, wie die Arbeit des Maximilian-Kolbe-Werks geschätzt wird und wie groß der Wunsch ist, sie möge fortdauern... Bei dem Werk mitzuarbeiten, macht mir, trotz aller Belastung, große Freude".