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"Nähe zeigen, Abstand wahren"

Häusliche Pflege in der Pandemie

05.03.2021     Seit einem Jahr beherrscht die Coronavirus-Pandemie unser Leben. Im Verlauf der letzten 12 Monate haben wir und alle an unseren Projekten Beteiligten gelernt, sich der veränderten Situation anzupassen. Das gilt beispielsweise auch für den Bereich der häuslichen Pflege in Polen. Die Pflegekräfte konnten sich schnell auf die veränderten Bedingungen einstellen. Für manche der KZ-Überlebenden sind die Pflegenden seit geraumer Zeit die einzigen Kontaktpersonen. Neben der Pflege und Betreuung sind sie in dieser Situation vor allem eine enorme psychische Stütze und Stärkung für die Patienten, aber auch ihre Angehörigen.

"Das Angebot häuslicher Betreuung und Pflege des Kolbe-Werks wurde und wird von den KZ-Überlebenden in Katowice gerne und dankbar angenommen", sagt Zdzislawa Wlodarczyk, unsere Vertrauensfrau für die Region. "Selbst das Coronavirus änderte nichts daran, auch wenn zu Beginn der Pandemie einige Angehörige überlegten, ihren Eltern Kontakte zu weiteren Personen außerhalb der Familie aus Furcht vor einer Ansteckung mit Covid-19 einzuschränken".

Maria Trebacz (80) wird in ihrem vertrauten häuslichen Umfeld medizinisch und pflegerisch versorgt.

In der Region Katowice werden KZ-Überlebende im Alter zwischen 80 und 98 Jahren vom Pflegedienst "Ewa Drozdz" in ihrem vertrauten häuslichen Umfeld medizinisch und sozial unterstützt. "So können sie in der eigenen Wohnung würdevoll altern", sagt Zdzislawa Wlodarczyk. Die Vertrauensfrau weiß, wovon sie spricht, denn sie kennt die Lebenssituation der KZ-Überlebenden gut und kann für die schwerkranken und hilfsbedürftigen Senioren schnell Hilfe organisieren.

Dass die häusliche Pflege und Betreuung bei den Patienten so gut ankommt, haben wir Ewa Drozdz und ihrem engagierten Pflegepersonal zu verdanken. Ihr Pflegedienst versogrt seit vielen Jahren die KZ-Überlebenden in der Region Katowice. "Vertrauen und Verlässlichkeit waren schon immer wichtig in unserem Beruf und in der jetzigen Situation sind sie es umso mehr," sagt Ewa Drozdz.

Die Senioren in Katowice erhalten im Durschnitt sechs Stunden Pflege pro Woche und werden unter der Einhaltung hoher Hygieneanforderungen und - wenn möglich - der Maßnahmen des "social distancing" versorgt. Erschwerend kommt hinzu, dass die Gepflegten aufgrund ihrer Vorerkrankungen und ihres hohen Alters zu der Risikogruppe gehören und daher besonders geschützt werden müssen. Das Pflegeangebot des Kolbe-Werks umfasst die Bereiche medizinische Betreuung, Körperhygiene, Ernährung, Mobilität und hauswirtschaftliche Versorgung.

Manche KZ-Überlebenden sind aufgrund ihrer gesundheitlichen Verfassung und der familiären Situation auf mehr Pflege angewiesen. Eine von ihnen ist Maria Trebacz. Die 80-Jährige ist schwerkrank und benötigt Betreuung rund um die Uhr. Um ihre Tochter bei der Pflege zu entlasten, haben wir eine Pflegekraft engagiert. Frau Trebacz wird zwei Stunden täglich medizinisch und pflegerisch versorgt. "Maria Trebacz ist nach einem Schlaganfall halbseitig gelähmt, daher müssen wir als Pfleger und Betreuer doppelt vorsichtig sein", erzählt Ewa Drozdz. Neben der Körperpflege hilft das Pflegepersonal im Haushalt oder bei Einkäufen und Besorgungen.

Kazimierz Pietryka (98) machen die Einschränkungen der Pandemie schwer zu schaffen.

"Was vielen KZ-Überlebenden psychisch zu schaffen macht, ist die Einschränkung der Kontakte", so Ewa Drozdz. Auch der 98-jährige Kazimierz Pietryka fühlt sich einsam, auch wenn er sich über die regelmäßigen Besuche durch die Pflegenden freut. "Es fällt ihm schwer, zu akzeptieren, dass wir bei unseren Besuchen nicht wie sonst mit ihm länger sitzen bleiben und uns unterhalten können".

Da sich der Gesundheitszustand des Mauthausen-Überlebenden in den letzten Monaten schnell verschlechtert hat, müssen die Pflegekräfte noch vorsichtiger sein. "Zum Glück hat Herr Pietryka vor kurzem die beiden Corona-Schutzimpfungen erhalten", freut sich Ewa Drozdz.


Diese Hilfsmaßnahme wird durch einen Projektzuschuss der Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" (EVZ) gefördert.

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