Maximilian-Kolbe-Werk e.V.

Alodia Witaszek-Napierała (geb. 1938), Bydgoszcz/ Polen

Überlebende des Jugendverwahrlagers Litzmannstadt, "germanisiertes Kind"

Alodia Witaszek (*1938) ist gerade fünf Jahre alt, als ihr Vater Franciszek Witaszek, ein angesehener Arzt und Wissenschaftler an der Universität Poznań, im Januar 1943 als Widerstandskämpfer von den Nationalsozialisten hingerichtet wird. Wenige Tage später wird ihre Mutter verhaftet.

Die fünf Kinder im Alter von einem bis acht Jahren bleiben allein zurück. Sie werden zunächst von einer Nachbarin versorgt und dann von Familienangehörigen aufgenommen. Alodia und ihre jüngere Schwester Daria kommen bei einem Onkel in Poznań unter. Im Februar 1943 werden sie vom so genannten Rasse-Amt untersucht und aufgrund ihrer blonden Haare und blauen Augen als "rassenützlich" eingestuft.

Im September 1943 verhaftet die Gestapo die Mädchen und bringt sie in das berüchtigte "Jugendverwahrlager Litzmannstadt" im heutigen Łódź. Hier werden sie in der Baracke für "rassenützliche" Kinder untergebracht. Nach sechs Wochen kommen sie in ein "Gau-Kinderheim" nach Kalisch, eine Einrichtung zur "Verdeutschung" polnischer Kinder.

Von dort bringt man die Mädchen nach Bad Polzin in ein "Lebensborn"-Heim. Hier erhält Alodia den Namen Alice Wittke. Im April 1944 wird Alodia als "Geschenk des Führers" einer deutschen Familie zur Adoption übergeben. Von nun an heißt sie Alice Luise Dahl und wohnt in Stendal, wo sie ab Herbst 1944 zur Schule geht. Ihre Schwester Daria kommt zu einer Familie in der Nähe von Wien.

Alodias Mutter überlebt die Konzentrationslager Auschwitz und Ravensbrück. Nach Kriegsende sucht sie zwei Jahre lang nach ihren verschleppten Töchtern. Kurz vor Weihnachten 1947 hat sie Erfolg: Alodia kehrt in ihre fast vergessene Familie zurück und muss ihre Muttersprache neu lernen. Kurz darauf kommt auch ihre Schwester Daria zurück.

Den Kontakt zu ihrer deutschen Familie gibt Alodia nie auf. Ihre polnische Mutter und ihre deutsche "Mutti" lernen sich Jahre später kennen und schließen sogar Freundschaft. Bis heute ist sie ein "Kind mit zwei Müttern". Sie lebt in Bydgoszcz/Polen.


Buchcover

Buchtipp:

Reiner Engelmann: "Alodia, du bist jetzt Alice!" Kinderraub und Zwangsadoption im Nationalsozialismus.

(Hinweis: cbj Jugendbücher 78-3-570-31268-1, 9,00 € (D), 9,30 € (A), CHF 12,90*, TB, Broschur, 240 Seiten, ET: 09. September 2019)