Maximilian-Kolbe-Werk e.V.

ZUM 75. JAHRESTAG DES ENDES DES ZWEITEN WELTKRIEGS

"Dankbar für jedes Lebensjahr"

Hundert Jahre leben

Iryna Schul im Januar 2020 bei der vom Maximilian-Kolbe-Werk ausgerichteten Feier zum orthodoxen Weihnachtsfest

06.05.2020     75 Jahre ist es her, als der Zweite Weltkrieg zu Ende ging. Vor 75 Jahren, am 7. Mai 1945, wurde auch die Ukrainerin Iryna Schul aus einem Außenlager des KZ Flossenbürg befreit. Sie ist heute 101 Jahre alt.

Iryna Schul kann auf ein erlebnisreiches Jahrhundert zurückblicken. Geboren wurde sie am 23. Juni 1918 in Przemysl/ Polen, im gleichen Jahr endete auch der Erste Weltkrieg. Ihre Kindheit und Jugend fallen in die Zeit zwischen den Weltkriegen.

Als der Zweite Weltkrieg ausbrach, war Iryna 21 Jahre alt. Die polnische Stadt Lwow, wo sie zu der Zeit lebte und studierte, wurde im September 1939 in Folge des Hitler-Stalin-Pakts in die Ukrainische Sowjetrepublik eingegliedert.

Zwei Jahre später, im Juni 1941, besetzten die Deutschen nach dem Überfall auf die Sowjetunion die Stadt. Es dauerte nicht lange, bis Iryna Schul, die sich für die Ukrainische Aufständische Armee engagierte, von der Gestapo verhaftet wurde. Im März 1944 wurde sie ins Frauenkonzentrationslager Ravensbrück deportiert, drei Monate später kam sie ins KZ-Außenlager Zwodau nahe Flossenbürg. Als die Amerikaner das Lager ein Jahr später am 7. Mai 1945 befreiten, wog Iryna nur noch 44 Kilo.

"Die Befreiung war für mich die Erfüllung meiner Träume. Endlich war der Krieg zu Ende, endlich konnte ich zu meiner Familie zurückkommen und mein Studium fortsetzen. Ich war ein freier Mensch und nicht bloß eine Häftlingsnummer", so Frau Schul.

2019, im Alter von 100 Jahren, reiste Iryna Schul nach Deutschland, um zum ersten Mal seit der Befreiung die KZ-Gedenkstätte Flossenbürg zu besuchen.

"Kommen Sie mich wieder besuchen"

Apolonia Dolinska freut sich über den Besuch von Christoph Kulessa im Mai 2019 im Krankenhaus. An ihrem 100. Geburtstag im Oktober hat er sie zuhause besucht und ihr persönlich gratuliert.

Auch die Warschauerin Apolonia Dolinska hätte nicht gedacht, dass sie mit solch einem langen Leben beschenkt werden würde. "Nach alledem, was ich in meiner Jugend erlitten habe, ist es unfassbar. Trotzdem bin ich dankbar für jedes Lebensjahr", sagt sie. Am 9. Oktober 2019 vollendete Apolonia Dolinska ihr 100. Lebensjahr. Geschäftsführer Christoph Kulessa gratulierte ihr bei einem persönlichen Besuch.

Zwei Konzentrationslager, Auschwitz und Ravensbrück, hat Apolonia Dolinska während des Zweiten Weltkriegs überlebt. "1939, kurz vor Kriegsbeginn, war ich fast 20 Jahre alt und hatte gerade einen netten jungen Mann kennengelernt", erinnert sich Apolonia Dolinska. "Doch dann brach der Krieg aus, wir verloren uns aus den Augen".

Apolonia, die sich bei den Pfadfindern engagierte, wurde 1944 infolge der Niederschlagung des Warschauer Aufstandes verhaftet und ins Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau deportiert. "Als Krankenschwester und Hebamme habe ich mich, so gut ich konnte, um die Kranken gekümmert", sagt sie. Von Auschwitz wurde Apolonia nach Ravensbrück gebracht. Über das Rote Kreuz kam sie 1945 nach Schweden und kehrte schließlich Ende des Jahres mit dem ersten Transport nach Polen zurück.

"Nach dem Krieg hat der 'nette junge Mann' mich gesucht und wir haben geheiratet", erzählt Apolonia Dolinska. "Er war ein herzensguter, treuer und gläubiger Mann. Er hat mich immer machen lassen, meinen Beruf und meine ehrenamtlichen Aktivitäten." Bis zu seinem Tod 2012 hat Apolonia ihren Mann gepflegt.

Heute ist die 100-Jährige selbst auf Pflege und fremde Hilfe angewiesen. "Mit Diabetes und anderen Krankheiten habe ich mich abgefunden, in meinem Alter meckert man nicht", sagte sie Christoph Kulessa, der sie kürzlich anrief und sich nach ihrem Befinden erkundigte. "Leider kann ich momentan das Haus nicht verlassen. Nicht wegen Corona, sondern weil der Fahrstuhl erneuert wird und ich im 5. Stock wohne".

Zum Ende des Telefonats äußerte sie eine Bitte: "Wenn Sie das nächste Mal in Warschau sind, kommen Sie mich wieder besuchen."