Maximilian-Kolbe-Werk e.V.

Zoomen gegen das Vergessen

Virtuelle Zeitzeugengespräche an Schulen

18.03.2021     Zeitzeugengespräch als Videokonferenz? Kein Problem für Krystyna Budnicka (89) und Jozefa Posch-Kotyrba (83) aus Polen. Mit den beiden Frauen üben wir in diesen Tagen auf Zoom und machen sie fit für die virtuellen Zeitzeugengespräche mit Jugendlichen. Seit Beginn der Pandemie können sie ihre Besuche an Schulen in Deutschland nicht mehr wie gewohnt durchführen.

"Der Kontakt zu jungen Menschen fehlt mir sehr", gesteht die Holocaust-Überlebende Krystyna Budnicka. Vor Corona berichtete sie jährlich Hunderten von Schülern und Studierenden in Sachsen, Bayern und anderen Bundesländern von ihrem Überlebenskampf im Warschauer Ghetto während des 2. Weltkriegs. "Ich vermisse diese direkten Begegnungen und die Zeiten wie damals in Freiburg, als ich noch vor 500 Studierenden der Universität sprechen durfte!"

Jozefa Posch-Kotyrba freut sich auf die virtuellen Zeitzeugengespräche
Krystyna Budnicka vermisst direkte Begegnungen mit Jugendlichen

Auch Josefa Posch-Kotyrba möchte so schnell wie möglich die Gesichter der Jugendlichen auf ihrem Bildschirm sehen. Damit es mit der Technik besser funktioniert, steht der 83-Jährigen ihr Enkel zur Seite. "Das klappt schon ganz gut", freut sich die KZ-Überlebende. "Auf den digitalen Austausch mit Schülern bin schon sehr gespannt". Gute Übung sind diese Videoschaltungen auch für die ehrenamtlichen Dolmetscher, sprechen die beiden Zeitzeuginnen doch kein Deutsch.

Dr. Leon Weintraub traf vor kurzem mit Schülern eines Freiburger Gymnasiums auf Zoom zusammen

Während die Damen noch proben, zoomt Dr. Leon Weintraub aus Stockholm schon fleißig mit Jugendlichen. Vor kurzem traf der 95-Jährige mit 40 Schülern des Freiburger Deutsch-Französischen Gymnasiums (DFG) virtuell zusammen, um über seine Erlebnisse im Ghetto Litzmannstadt und in vier Konzentrationslagern zu erzählen.

"Ich war mit diesem virtuellen Treffen sehr zufrieden", sagte Dr. Weintraub, der auch die Fragerunde nach seinem Zeitzeugenbericht selbst moderierte. "Die Jugendlichen zeigten großes Interesse an meinem Schicksal und stellten viele gut überlegte Fragen".

Das neue Begegnungsformat kam auch bei den Jugendlichen gut an und zeigte Wirkung. "Ich nehme stark an, dass ich nicht die einzige bin, die diesen besonderen Besuch nie vergessen wird", schrieb eine Schülerin des DFG Freiburg, in ihrem Erfahrungsbericht.

Dr. Weintraub kann sich vorstellen, einmal im Monat an virtuellen Zeitzeugengesprächen teilzunehmen. Bei den Neuntklässlern des DFG steht Ende März die nächste digitale Zeitzeugenbegegnung auf dem Stundenplan: diesmal mit der französischsprachigen Holocaust-Überlebenden Henriette Kretz (86) aus Antwerpen.

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