Maximilian-Kolbe-Werk e.V.

Begegnungen in Walbrczych

26.07.2021     Drei Konzentrationslager - Majdanek, Buchenwald und Dachau - hat Emil Kotek im 2. Weltkrieg überlebt. Gestern wurde er 96 Jahre alt. Vor kurzem besuchte ihn unser Geschäftsführer Christoph Kulessa (rechts im Bild) in Kostrza im Westen Polens. Der Besuch war Teil einer mehrtägigen Reise in die Woiwodschaft Niederschlesien, bei der Begegnungen mit KZ-Überlebenden sowie Austausch mit Helfern und Kooperationspartnern des Maximilian-Kolbe-Werks auf dem Programm standen.

"Auf diesen Besuch haben wir lange gewartet", sagt Zygmunt Barczyk, Vertrauensmann unseres Werkes in Walbrzych, als er Christoph Kulessa und Anna Wcislowska vom Zentrum Lodz in "seinem Büro" in Empfang nimmt. Als Büro dient ein Zimmer in den Räumlichkeiten des Niederschlesischen Vereins ehemaliger KZ-Häftlinge.

Seit vielen Jahren kümmert sich der 78-jährige Barczyk um KZ- und Ghetto-Überlebende im Großraum Walbrzych im Auftrag des Maximilian-Kolbe-Werks. Dieses Ehrenamt hat er von seiner Schwiegermutter Leokadia Slopiecka, selbst KZ-Überlebende, übernommen. Unterstützung bekommt er dabei von Klaudia, die ihm halbtags zur Seite steht. "Meine Stärken sind Organisation und Koordination", gesteht Zygmunt Barczyk. "Klaudia macht Hausbesuche, versorgt die Überlebenden mit Medikamenten oder kauft für sie ein".

Zygmunt Barczyk (links) kümmert sich um Boleslaw Wojtasiuk und andere Überlebende in Walbrzych

Mit der Versorgung von rund 40 KZ- und Ghetto-Überlebenden haben die beiden alle Hände voll zu tun. Zygmunt Barczyk hat vor Jahren einen gut funktionierenden Essen-auf-Rädern-Dienst auf die Beine gestellt. Täglich bekommen die Alten und Kranken in Warbzych eine warme Mahlzeit von Klaudia nach Hause gebracht. Gekocht wird in der Kantine des Polytechnikums Walbrzych.

"Das Essen ist immer frisch zubereitet und lecker", bestätigt Boleslaw Wojtasiuk. Der 83-Jährige hat 30 Jahre lang in einem Bergwerk gearbeitet. "Meine Gesundheit wurde dadurch ruiniert", erzählt er. Der KZ-Überlebende ist seit 12 Jahren Witwer und wohnt allein. "Meine Frau hat auch unter Tage gearbeitet und ist an einer Staublunge gestorben".

Anna Wcislowska vom Zentrum Lodz (rechts im Bild) hat für die Überlebenden Pakete mit Mund-Nasen-Masken, Pflegeartikeln, Schmerzmitteln und bunten handgefertigten Decken aus Deutschland mitgebracht. Weitere Pakete verteilte sie mit Christoph Kulessa an Kranke bei anschließenden Hausbesuchen.

Eine der Besuchten war Halina Drozdz. Die 83-Jährige wohnt mit ihrem pflegebedürftigen Mann in Walbrzych im eigenen Haus. Sie ist fast blind und an den Rollstuhl gebunden. "Seit 12 Jahren waren wir nicht mehr im Obergeschoss unseres Hauses", erzählt sie. "Unsere Beine machen einfach nicht mehr mit!"

Halina Drozdz wurde in einer jüdischen Familie geboren. Im Krieg wurden ihre Eltern hingerichtet, eine polnische Familie hat das 3-jährige Mädchen aufgenommen und adoptiert. "Das war meine Rettung". Die Holocaust-Überlebende kann sich noch gut an ihren Besuch in Deutschland erinnern. Mit einer Gruppe polnischer Überlebender war sie Anfang der 2000er Jahre auf Einladung des Maximilian-Kolbe-Werks in der Nähe von Freiburg zu einem Erholungsaufenthalt.

"Wir konnten spüren, dass sich die KZ-Überlebeden über unseren Besuch sehr freuten", sagt Christoph Kulessa. "Überwältigend waren die Gastfreundschaft und die Bereitschaft, ihre Lebensgeschichte zu erzählen."


Bildimpressionen

Treffen und Austausch bei Kaffee und Kuchen in Walbrzych
Jozefa Banach freut sich über eine handgefertigte Decke aus Deutschland.
Krystyna Skora (links) probiert neue Gelenkwärmer gleich an.
Franciszek Turek arbeitete nach dem Krieg als Lokomotivführer, worauf er bis heute sehr stolz ist.
Zdzislaw Laber, pensionierter Arzt, war froh, seine Freunde nach langer Zeit wieder zu treffen.
In Ehren gehalten: Elisabeth und Alfons Erb