Maximilian-Kolbe-Werk e.V.

Ukraine: Wie es den Menschen geht und wie wir helfen

17.02.2022     Der Ukraine-Russland-Konflikt beherrscht seit Wochen die Schlagzeilen und versetzt uns in Sorge. In Sorge sind auch viele Ukrainerinnen und Ukrainer, mit denen wir in Kontakt stehen. Ob KZ- und Ghetto-Überlebende, ihre Angehörigen oder Kooperationspartner und Helfer vor Ort - sie alle hoffen, dass die bestehenden Horror-Szenarien nicht eintreffen.

Wie es den KZ-Überlebenden geht

Anastasia Gulei (96) macht sich angesichts des Ukraine-Russland-Konflikts große Sorgen.
Foto: Andrea Beer.

"Natürlich lassen uns die erschreckenden Nachrichtenmeldungen nicht kalt", sagt die 96-jährige Anastasia Gulei aus Kyiv am Telefon. "Doch wir leben seit 2014 mit der Bedrohung eines "großen" Krieges und haben gelernt, damit umzugehen".

"Am gestrigen 16. Februar hätte Russland laut US-Geheimdienstberichten die Ukraine angreifen sollen. Unser Präsident Zelensky hat diesen Tag kurzerhand zum 'Tag der Einheit' erklärt", erzählt die Auschwitz-Überlebende. "In Kyiv, aber auch in anderen Städten gingen viele Menschen auf die Straßen, um friedlich für den Frieden und eine geeinte Ukraine zu demonstrieren".

Frieden und Freiheit weiß Anastasia Gulei sehr zu schätzen, hat sie doch im Zweiten Weltkrieg drei Konzentrationslager überlebt. Als 18-Jährige wurde sie von den Deutschen zur Zwangsarbeit ins Dritte Reich verschleppt und kam nach einem misslungenen Fluchtversuch nach Auschwitz. Danach folgten die Konzentrationslager Buchenwald und Bergen-Belsen. Nach der Befreiung im April 1945 kehrte die junge Frau in die Ukraine zurück, um ihre "vom Krieg zerstörte Heimat wiederaufzubauen".

Heute ist Anastasia Gulei eine der aktivsten Zeitzeuginnen des Maximilian-Kolbe-Werks. In der Pandemie hat sich sogar digitale Kompetenzen angeeignet, um regelmäßig mit Schülern auf Zoom zusammenzutreffen.

Treffen des Vereins ehemaliger KZ-Häftlinge in Kyiv
im Januar 2022. Foto: Andrea Beer.

Seit vielen Jahren kümmert sich die pensionierte Forstwirtschaftsingenieurin um die Belange ehemaliger KZ-Häftlinge in Kyiv und ist Vorsitzende des lokalen Häftlingsvereins. Sie ist unsere erste Ansprechpartnerin, wenn es um die Realisierung von Hilfsmaßnahmen für KZ-Überlebende in der ukrainischen Hauptstadt geht.

"Vor kurzem haben sich Mitglieder unseres Vereins anlässlich des Internationalen Gedenktags an die Opfer des Nationalsozialismus wieder getroffen, um die Erinnerungen an die Vergangenheit miteinander zu teilen. Doch auch die aktuelle Situation und der Krieg im Osten war ein heiß diskutiertes Thema ", berichtet Anastasia Gulei. "Wir versuchen, Ruhe zu bewahren und einander Trost zu spenden. Dennoch kreisen unsere Gedanken um die Zukunft unserer Kinder und Enkel, um die wir uns große Sorgen machen".

Wie wir helfen

In den letzten Wochen und Monaten hat das Maximilian-Kolbe-Werk KZ- und Holocaust-Überlebende sowie Überlebende des Holocaust an den Roma in der Ukraine mit rund 85.000 Euro unterstützt. Mit verschiedenen Hilfsmaßnahmen konnten wir hunderten Überlebenden in Kyiv und Lviv, Charkiv und Vinnytsya sowie im Gebiet Transkarpatien konkret helfen. Ob Lebensmittelpakete, Medikamente, Mobilitätshilfen, eine Ausleihstation für medizinische Geräte oder finanzielle Direkthilfen - jede Form von Unterstützung war dringend notwendig und wurde von KZ- und Ghetto-Überlebenden wohlwollend angenommen.

Auch aktuell steht die Ukraine und die dort lebenden KZ- und Ghetto-Überlebenden im Fokus vieler unserer Projekte. So planen wir zurzeit Hilfsmaßnahmen für Überlebende in den Regionen Tschernihiv und Sumy im Norden und Nordosten der Ukraine, die wir in Zusammenarbeit mit unseren Partnern vor Ort umsetzen werden.

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