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"Wir sind froh, mit Euch Deutschen eine gemeinsame Sprache gefunden zu haben"

Osaritschi-Überlebende aus Belarus zu Besuch in Niedersachsen

Im August 2018 hielt sich eine Gruppe von sechs weißrussischen NS-Opfern zu einem zweiwöchigen Aufenthalt in Niedersachsen auf. Die Maßnahme wurde zweiteilig in durchgeführt: Vom 12. bis 21. August weilten die Senioren in Duderstadt, wo der Schwerpunkt des Programms zwar auf landeskundlichen Aktivitäten und Erholung lag, doch auch Zeitzeugengespräche mit Schülern stattfanden. Am 21. August fuhren die Gäste für vier Tage zu Zeitzeugengesprächen nach Lüneburg und traten am 26. August ihre Heimreise an.

Die eingeladenen Frauen und Männer der Jahrgänge 1936 bis 1942 sind aus verschiedenen Städten Weißrusslands wie Baranowitschi, Orscha, Rogatschow und Kopti nach Niedersachsen gereist. Im März 1944 wurden sie als Kinder gemeinsam mit anderen arbeitsunfähigen Zivilisten während des Rückzugs der deutschen Wehrmacht südlich der Stadt Bobrujsk in den dortigen Sümpfen in ein Konzentrationslager getrieben.

"Die Menschen wurden nur dorthin gebracht, um den deutschen Soldaten bei ihrem Rückzug als lebendiges Schutzschild zu dienen", erzählte die 82-jährige Klaudziya Staraverava aus Baranowitschi Jugendlichen am Göttinger Hainberggymnasium. "Die meisten Häftlinge erkrankten früher oder später an Typhus. Etliche starben daran, die Überlebenden steckten die nachrückende Rote Armee an."

Weitere Zeitzeugengespräche fanden in der IGS Göttingen und in der Gesamtschule Moringen statt.

Die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen des Maximilian-Kolbe-Werks Helga Chrpa und Natalia Gerhard, die für die Betreuung der weißrussischen Besucher zuständig waren, gestalteten für die Senioren ein altersgerechtes Programm. Dieses beinhaltete u.a. eine Besichtigung von Duderstadt, einen Empfang im Rathaus, einen Besuch der KZ-Gedenkstätte Moringen und einen Gedenkgottesdienst anlässlich des 77. Todestags von Maximilian Kolbe.

Die Grünanlagen des Kolping-Ferienparadieses Pferdeberg, wo die Gästegruppe mit ihren Betreuerinnen logierte, luden zudem zur Erholung und Spaziergängen sowie gemütlichen Kaffee- und Gesprächsrunden ein.

In einer Gedenkstunde am 17. August wurde auf dem Göttinger Stadtfriedhof darauf aufmerksam gemacht, dass "der Göttinger General Friedrich Hoßbach für die Errichtung des Lagers Osaritschi mitverantwortlich" war. Zudem wurde der Öffentlichkeit eine Informationstafel über das Geschehen übergeben, die die Stadt Göttingen neben dem bereits bestehenden Gedenkstein für General Hoßbach aufgestellt hat. Diese Gedenkveranstaltung wurde in Kooperation mit der Projektwerkstatt Spurensuche und dem Schulischen Erinnerungsnetzwerk durchgeführt.

"Kriege werden von den Mächtigen begonnen, weil sie keine gemeinsame Sprache finden können. Wir sind froh, dass wir mit Euch Deutschen sprechen können und eine gemeinsame Sprache finden - Dankeschön!", betonte Alla Osipowa (78) aus Rogatschow.

Das Projekt wurde durch die Mittel der Lotterie "GlücksSpirale" gefördert.

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