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"Die Polen sollen uns Deutschen auf eine andere Art begegnen, als im 2. Weltkrieg"

NS-Opfer aus Polen zu Gast in München 

Im Rahmen eines Erholungs- und Begegnungsaufenthalts weilten vom 24. Juni bis 6. Juli 2018 12 Überlebende nationalsozialistischer Konzentrationslager und Ghettos aus Polen auf Einladung des Maximilian-Kolbe-Werks in München.

Während der 12 Tage in der bayerischen Landeshauptstadt lernten sie deren sehenswerte und geschichtsträchtige Orte  kennen und trafen mit Jugendlichen und Erwachsenen zusammen, um ihnen über ihre persönlichen Erlebnisse in der Zeit der NS-Diktatur zu berichten.

"Die polnischen KZ-Überlebenden sollen die Stadt München erkunden sowie uns Deutschen und unserer Kultur auf eine andere Art, als im Zweiten Weltkrieg, begegnen", erläutert unsere Ehrenamtliche Helga König das Ziel dieses Aufenthalts. Gemeinsam mit Marianne Drechsel-Gillner aus Hannover und Herbert Meinl aus Tettnang begleitete sie die Gästegruppe in München.

Unsere Gäste waren vier Frauen und acht Männer der Jahrgänge 1922 bis 1945. In der Zeit des Nationalsozialismus haben die Konzentrationslager Auschwitz, Majdanek, Ravensbrück, Stutthof u.a. überlebt.

Die älteste Besucherin war mit 96 Jahren Wanda Rosiewicz. Wanda Rosiewicz war erst 18 Jahre alt und frisch verheiratet, als sie mit ihrem Ehemann von der Gestapo verhaftet und in das berüchtigte Pawiak-Gefängnis in Warschau gebracht wurde. Nach neun Monaten im Gefängnis wurde sie ins Konzentrationslager Ravensbrück deportiert. Ihren Mann sah Wanda nie wieder: Er kam im KZ Auschwitz um.

Erholen und Begegnen

"Wanda Rosiewicz konnte im Rollstuhl an fast allen Programmpunkten teilnehmen", sagt Helga König. Das von ihr vorbereitete Programm setzte sich aus landeskundlichen und kulturellen Elementen zusammen. Dazu gehörten u.a. eine Stadtführung durch München, ein Ausflug in den Englischen Garten, eine Schifffahrt auf dem Ammersee sowie ein Ausflug zum Chiemsee und auf die Fraueninsel. Zudem wurden die Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers Dachau und die Gedenkstätte "Weiße Rose" der Universität München besucht.

"Die Gäste genossen Spaziergänge im Schlossgarten des Exerzitienhauses Fürstenried, wo wir alle untergebracht waren, und die Schifffahrt auf dem Ammersee", erzählt Helga König.

Auch der traditionelle Empfang durch die Vertreter der Stadt München durfte nicht fehlen. Der Stadtrat Christian Müller begrüßte die polnischen Besucher im Münchner Rathaus. Beim anschließenden gemeinsamen Mittagessen im Ratskeller wurde über die aktuelle politische Situation in Deutschland und in Polen diskutiert.

"Die Stadt München hat uns nunmehr zum dreizehnten Mal in Empfang genommen. Unsere Gäste empfanden diesen Empfang als einen der Höhepunkte des Aufenthaltes", sagt Herbert Meinl.

Erinnerungen weitergeben

Auf dem Programm standen auch die Begegnungen und Gespräche mit Jugendlichen. So besuchte am 1. Juli  eine Jugendgruppe von 15 Personen aus Oberasbach die KZ-Überlebenden in Fürstenried. Der Gruppenleiter Wolfgang Fuchs schrieb uns nach der Begegnung: "Es war für alle Jugendlichen und uns Betreuer ein sehr nachhaltiges Erlebnis. Im Verlauf der Gesprächsrunde konnte man spüren, wie allmählich das Vertrauen wuchs und die Offenheit uns gegenüber zunahm. Bei der Verabschiedung gab es Umarmungen und Zeichen echter Zuneigung. Wir bedanken uns nochmal sehr herzlich für die Gelegenheit, die Sie uns mit diesem Gesprächstermin geschenkt haben."

Das zweite Zeitzeugengespräch fand am 4. Juli in der Wolfgang-Kubelka-Realschule in Schondorf statt. "Wir freuen uns sehr, dass die Begegnungen zwischen Jugendlichen und Zeitzeugen mittlerweile zum festen Bestandteil des Münchener Aufenthalts gehören", sagt Marianne Drechsel-Gillner, die die Zeitzeugenberichte aus dem Polnischen übersetzte.


Das Projekt wurde durch die Mittel der Lotterie "GlücksSpirale" gefördert.

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