Hintergrund
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"Auschwitz begegnen"

Bildungsreise in die Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau und nach Krakau,

14. - 17. Oktober 2021 in Oświęcim und Krakau/ Polen

Besichtigung des Stammlagers Auschwitz I

20.10.2021     Vergangenen Sonntag ging unsere Bildungsreise "Auschwitz begegnen" zu Ende, an der vom 14. bis 17. Oktober 2021 Mitarbeitende des Deutschen Caritasverbandes, der Erzdiözese Freiburg und des Lambertus Verlags teilgenommen hatten. Ziel der Reise war es, den persönlichen Zugang zur Geschichte zu ermöglichen, das Wissen über die NS-Zeit zu vertiefen sowie die Erinnerungskultur zu stärken.

Nach der Ankunft im Zentrum für Dialog und Gebet in Oświęcim und dem gemeinsamen Abendessen wurden die 14 Teilnehmenden aus Freiburg und Berlin vom Zentrumsdirektor Pfr. Dr. Paweł Baran begrüßt. In den anschließenden drei Stunden lernten sie sich besser kennen und tauschten sich über ihre Erwartungen an die Reise aus. Für die meisten war es der erste Besuch in Oświęcim, dem sie "mit Respekt und Ehrfurcht entgegensahen". Der Vortrag vom Pfr. Dr. Manfred Deselaers unter dem Titel "Erfahrungen mit Dialog an der Schwelle von Auschwitz" galt der Vorbereitung auf den Besuch in der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau, der am nächsten Tag bevorstand.

"Es ist unvorstellbar, wie man hier leben und überleben konnte"

Führung durch Auschwitz-Birkenau

Am Tag zwei der Bildungsreise stand die Begegnung mit dem Gedenkort Auschwitz im Mittelpunkt. Nach der Begrüßung durch Andrzej Kacorzyk, stellvertretenden Direktor des Staatlichen Museums Auschwitz-Birkenau, besichtigte die Gruppe, die vom deutschsprachigen Guide Bożena Kramarczyk geführt wurde, das Stammlager Auschwitz I. Besichtigt wurden unter anderem auch die Hungerzelle im Block 11, in der Maximilian Kolbe eingesperrt worden war, sowie die von Yad Vashem konzipierte Shoah-Ausstellung im Block 27. An der "Schwarzen Wand", vor der mehr als 5.000 Menschen exekutiert worden waren, legte Weihbischof Dr. Peter Birkhofer im Namen des Erzbistums Freiburg einen Kranz nieder.

Am Nachmittag ging es nach Auschwitz-Birkenau weiter, den 175 Hektar großen Ort des industrialisierten Massenmords. Zum Abschluss der insgesamt sechsstündigen Führung durch die Gedenkstätte sahen sich die Teilnehmenden auch die Kinderbaracke an, in der die am Projekt teilnehmende Zeitzeugin Zdzisława Włodarczyk als kleines Mädchen war. "Es ist unvorstellbar, wie man hier leben und überleben konnte", sagte ein Teilnehmer.

Zdzisława Włodarczyk (88): "Erfreut Euch an der Freiheit!"

Im zweistündigen Gespräch mit Zdzisława Włodarczyk (88), das von Dr. Danuta T. Konieczny gedolmetscht wurde, bekam das Leiden von Millionen von Opfern ein Gesicht und eine Stimme. Als Elfjährige wurde sie mit ihren Eltern und ihrem jüngeren Bruder im August 1944 von Warschau ins KZ Auschwitz-Birkenau deportiert. Dort blieb Zdzisława Włodarczyk bis zur Befreiung durch die Rote Armee am 27. Januar 1945. Eindrücklich und detailliert schilderte die Zeitzeugin ihren Alltag in der Kinderbaracke, wo sie mit ihrem Bruder, getrennt von der Mutter, interniert worden war. "Erfreut Euch an der Freiheit und genießt den Frieden, denn uns - Kindern von Auschwitz - wurde beides verwehrt", appellierte Zdzisława Włodarczyk an die Zuhörer/innen.

"Das Gespräch mit der Zeitzeugin war für mich der Höhepunkt und zeigt anschaulicher als jedes Foto oder jede Baracke die Geschichte der Menschen, die in Auschwitz waren", sagte ein Teilnehmer.

Auf den Spuren des jüdischen Lebens in Krakau

Gedenkort KZ Płaszów in Krakau

Nach zwei Tagen in Oświęcim fuhr die Gruppe am 16. Oktober am späten Vormittag weiter nach Krakau. Auf dem Programm standen die Besichtigung des Gedenkorts KZ Płaszów, des Geländes des ehemaligen Ghettos im Stadtteil Podgórze und des jüdischen Stadtviertels Kazimierz.

Im Konzentrationslager Płaszów im Süden Krakaus wurden 8000 Menschen ermordet. Zudem fanden von hier aus Massendeportationen nach Auschwitz-Birkenau statt. Noch wenige Tage vor der Befreiung Krakaus am 14.1.1945 wurden die letzten Gefangenen nach Auschwitz deportiert. Auf dem Platz der Ghettohelden in Podgórze befindet sich heute ein Mahnmal aus 70 Stühlen, das die Tragödie der Ghettobewohner symbolisiert, von denen nur ihre Möbel geblieben sind. Der Platz mitten im ehemaligen Ghetto war die letzte Station für die Bewohner des jüdischen Stadtteils vor der Deportation in Konzentrations- und Vernichtungslager. Hier fanden die Appelle und Selektionen statt. Vor dem 2. Weltkrieg lebten ca. 65.000 Juden in Krakau, heute sind es weniger als 200.

Die Tempel-Synagoge in Kazimierz

Beim anschließenden Rundgang durch Kazimierz konnten sich die Teilnehmenden der einzigartigen Geschichte und Kultur der polnischen Juden etwas nähern und einige bewegende Spuren des jüdischen Lebens wie Synagogen, Friedhöfe, hebräische Inschriften an den Fassaden entdecken. Am Abreisetag hatte die Gruppe noch die Gelegenheit, die Krakauer Altstadt mit dem beeindruckenden Hauptmarkt, der imposanten Marienkirche und den berühmten Tuchhallen zu erkunden.

Nach Projektende schrieb uns eine Teilnehmerin: "Ich fand es sehr hilfreich, die Reise nicht allein, sondern mit euch zusammen zu machen. Das Projekt im schönen Krakau zu beenden, finde ich eine sehr gute Idee, man kommt etwas weniger bedrückt nachhause zurück."


Bildimpressionen

Teilnehmende der Bildungsreise waren Mitarbeitende des Deutschen Caritasverbandes, der Erzdiözese Freiburg und des Lambertus Verlags.
Pfr. Dr. Paweł Baran, Direktor des Zentrums für Dialog und Gebet in Oświęcim, begrüßt die Gruppe.
Pfr. Dr. Manfred Deselaers hält einen Vortrag "Erfahrungen mit Dialog an der Schwelle von Auschwitz".
Besichtigung des Stammlagers Auschwitz-I
Bożena Kramarczyk führt die Gruppe durch Auschwitz I–Stammlager.
Porträts von Häftlingen mit Informationen wie Name, Geburtsdatum, Herkunftsland und Todestag verleihen den unzähligen Opfern von Auschwitz ein Gesicht.
Kranzniederlegung an der "Schwarzen Wand" durch Weihbischof Dr. Peter Birkhofer, einen der 14 Teilnehmenden der Bildungsreise.
Drei Stunden lang besichtigten die Teilnehmenden das riesige Lagergelände in Birkenau.
Denkmal für die Opfer der Konzentrationslager und des Krieges in Auschwitz-Birkenau
Idyllisch wirkende Natur inmitten des Grauens in Auschwitz-Birkenau
Die Bilderwand in der sog. "Sauna" in Auschwitz-Birkenau mit den Fotos aus den Koffern der Opfer. Zu jedem Gesicht gibt es auch eine Geschichte.
Die Kinderbaracke in Auschwitz-Birkenau, in der die Zeitzeugin Zdzisława Włodarczyk als Elfjährige interniert worden war.
Zeitzeugengespräch mit Zdzisława Włodarczyk (88)
Letztes Familienfoto: Zdzisława (Mitte) mit ihrer Familie vor der Deportation nach Auschwitz
"Das Gespräch mit der Zeitzeugin war für mich der Höhepunkt der Reise", sagte ein Teilnehmer.
Führung durch den Gedenkort KZ Płaszów in Krakau durch
Dr. Danuta T. Konieczny.
Denkmal aus Stühlen am Platz der Ghettohelden in Krakau
Rundgang durch das jüdische Viertel Kazimierz
Die Alte Synagoge in Kazimierz, die älteste erhaltene Synagoge Polens.
Die Hohe Synagoge, in ihrer Form einmalig in Polen, wird heute für Ausstellungen und Konzerte genutzt.
Am Abreisetag hatten die Teilnehmenden noch die Möglichkeit, die Altstadt Krakaus anzusehen, darunter die berühmten Tuchhallen.
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