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Corona in Russland: Hilfe für KZ-Überlebende in St. Petersburg

Ludmila J. (91) ist eine von 35 KZ-Überlebenden aus St. Petersburg, die wir in der Corona-Krise unterstützen

26.05.2020     Russland zählt aktuell neben Brasilien und den USA zu den Ländern mit den meisten Corona-Infizierten weltweit. In der Russischen Föderation gibt es zurzeit (Stand 26.05.2020) mehr als 350 000 Corona-Kranke. In den Städten und Regionen mit besonders hohen Infektionszahlen dürfen Senioren, die älter als 65 Jahre sind und Vorerkrankungen haben, die Wohnung nicht verlassen.

Auch die 91-jährige Ravensbrück-Überlebende Ludmila J. aus St. Petersburg geht seit Wochen nicht mehr aus dem Haus, wie sie am Telefon erzählt. Ende Mai wollten wir Ludmila und 34 weitere KZ-Überlebende persönlich besuchen und ihnen finanzielle Unterstützung zukommen lassen.

Unseren Besuch haben wir bereits im Februar angekündigt. Die 77- bis 95-jährigen KZ-Überlebenden blickten voller Vorfreude den Begegnungen mit Vertretern des Maximilian-Kolbe-Werks entgegen. Auch unsere Haupt- und Ehrenamtlichen waren auf das Wiedersehen mit Menschen gespannt, die sie zuletzt vor zehn Jahren besuchten. Dann kam Corona und die geplante Reise musste abgesagt werden.

Hilfe kommt trotz abgesagter Reise an

Doch gerade in dieser schwierigen Zeit wollten wir den KZ-Überlebenden in St. Petersburg beistehen. Mithilfe unserer Partner vor Ort konnten wir einen Weg finden, die Beihilfen zu den Menschen zu bringen. Von der Freiburger Geschäftsstelle aus haben wir alle 35 Personen telefonisch über die neue Lösung informiert.

Die Enttäuschung über die Absage der Reise und die Möglichkeit einer persönlichen Begegnung war in den Gesprächen deutlich zu spüren. Mit Dankbarkeit wurde aber unser Vorschlag über die Übergabe des Geldgeschenks durch die Helfer vor Ort angenommen.

"Ihre Beihilfe kann ich gut gebrauchen", sagte die 88-jährige Olga Z. Die Auschwitz-Überlebende spart zurzeit für eine teure Arm-Operation. "Im Herbst habe ich einen Arm gebrochen, doch die Knochen sind falsch zusammengewachsen. Jetzt muss der Arm operiert werden." Dadurch ist der Alltag von Olga sehr beeinträchtigt, ist sie doch alleinstehend. Trotzdem will sie mit der Operation warten, bis die Corona-Krise vorbei ist.

Galina K. (79): "Wir freuen uns, dass es in Deutschland immer noch Menschen gibt, die an uns denken"

"Am meisten fehlen soziale Kontakte"

Um die Alleinstehenden wie Olga kümmert sich die Vereinigung ehemaliger minderjähriger Häftlinge in St. Petersburg. "Unsere freiwilligen Helfer kaufen Lebensmittel und Medikamente für sie ein und erledigen andere Besorgungen", sagt Galina K., selbst KZ-Überlebende und Vorsitzende der Vereinigung.

"St. Petersburg ist von der Corona-Pandemie besonders stark betroffen, genau wie die Hauptstadt Moskau", erzählt die 79-Jährige. In Moskau, so Galina, gebe es seit einigen Tagen die ersten Lockerungen der Anti-Corona-Maßnahmen. "In St. Petersburg gelten nach wie vor noch strenge Maßnahmen".

Die ehemaligen KZ-Häftlinge gehören aufgrund ihres Alters und ihrer Vorerkrankungen zu einer Risikogruppe. "Sie sind verunsichert und hoffen, dass diese Krise bald überstanden ist, damit sie zur Normalität zurückkehren können. Am meisten fehlen ihnen die sozialen Kontakte", weiß Galina. Daher telefoniert sie mit ihren Kameraden, so oft es geht, und versucht, ihnen Trost zu spenden.

"In dieser schwierigen Zeit haben wir uns über das Geldgeschenk des Kolbe-Werks sehr gefreut, aber vor allem darüber, dass es in Deutschland immer noch Menschen gibt, die an ehemalige KZ-Häftlinge denken", sagt Galina.

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