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"Zwischen uns ist eine Brücke entstanden" - Kuraufenthalt von ukrainischen Holocaust-Überlebenden in Chmelnik

18 ukrainische Holocaust-Überlebende waren vor kurzem auf Einladung des Maximilian-Kolbe-Werks und in Begleitung der Ehrenamtlichen Ute Krieger und Valentina Jakovlev aus Deutschland zwei Wochen lang zur Kur im Sanatorium "Chmelnik".

"Von ihrer Vergangenheit und ihrem jetzigen Lebensumfeld haben nur einige Kurteilnehmer gesprochen," erfahren wir von den beiden Kurbegleiterinnen. "Aber im Vordergrund stand bei allen die Entspannung und Erholung bei diesem Aufenthalt".

Teilnehmende des Kuraufenthalts im Sanatorium Chmelnik in der Region Vinnytsja/ Zentralukraine

"Der Zusammenhalt der Gruppe war sehr gut und alle haben sich bestens verstanden. Michail Mesamed, der einzige, der nicht aus Odessa angereist war, wurde von allen herzlich aufgenommen," erzählt Ute Krieger.

Während der Begrüßungsrunde haben die beiden Ehrenamtlichen die Grüße des Maximilian-Kolbe-Werks mit dem Begrüßungsbrief und einem Pralinen-Gruß an die Kurgäste überreicht und die Geschichte vom Brückenbauer vorgelesen.

Begrüßungsrunde: Ute Krieger überbringt Grüße des Maximilian-Kolbe-Werks und Pralinenpräsente

"Gewohnt haben wir alle im Gebäude der Kardiologie in den unteren beiden Etagen", sagt Ute Krieger.  "Im gesamten Sanatoriumsbereich gab es Geschäfte, Restaurants und Cafes. Es wurden Konzerte im Club-Saal und im Außenbereich angeboten und an den Abenden, wo kein Konzert stattfand, konnte vor dem Clubhaus im Freien getanzt werden".

In der anwendungsfreien Zeit konnte die Gruppe "sehr viel Schönes erleben". Auf dem Programm standen unter anderem Tanzabende, ein Konzert von Ärzten, Krankenschwestern und -pflegern der Ukraine mit einer Spendensammlung für Medikamente für die Soldaten im Kriegsgebiet, ein Besuch der nahe gelegenen Gedenkstätte, die geselligen Runden in Kiosk-Café, Spaziergänge im Sanatoriumsgelände.

Valentinan Jakovlev, die Russisch spricht, sorgte für die gute Verständigung
Spaziergang auf dem Sanatoriumsgelände
Am Denkmal für die Opfer des Holocaust
Gesellige Runde im Kiosk-Cafe

"Im Sanatorium Chmelnik konnten wir wieder eine wunderbare Zeit mit so lieben Menschen erleben. Alle haben diese gute Zeit von Herzen genossen und waren mit viel Freude dabei", fasst Ute Krieger ihre Eindrücke zusammen. "Das spürten und sahen wir sehr deutlich, an ihren strahlenden Augen, den Umarmungen und den so vielen guten Worten der Dankbarkeit an das Maximilian-Kolbe-Werk und dem großen Wunsch nach einer Wiederholung und einem Wiedersehen."

Im Folgenden hat Ute Krieger Informationen über einige Kurgäste zusammengefasst:

Georgij Pilipenko (geb. 1939) aus Odessa ist ein bekannter Schriftsteller und Übersetzer. Er ist fast blind und hört sehr schlecht. Er dichtet immer noch ganz spontan und hat zur Begrüßung ein Gedicht in Reimform verfasst:
Dass zwischen uns diese gute Aura entstanden ist,
Von Anfang an in der Gruppe,
Zwischen Deutschland und der Ukraine
Entstand diese Brücke...
Maria Bolgar (geb. 1935) erzählte uns, dass sie 27 Jahre auf einem Schiff gearbeitet hat. Ihr Mann ist schon früh verstorben, sie hat keine Kinder. Zu Beginn der Kur sagte sie: „Schön ist es hier mit der guten Luft. Zuerst hatte ich Angst, zu fahren, und jetzt bin ich so glücklich und zufrieden, dass ich das gemacht habe.“
Links im Bild Ute Krieger.
Michail Mesamed (geb. 1940) aus Vinnytsja leidet sehr darunter, dass seine Frau im Dezember verstorben ist. Er war bei fast allen unseren Aktivitäten dabei und wir hatten den Eindruck, dass ihm dieser Kuraufenthalt trotz seiner großen Trauer gut getan hat. Am 24. Mai gratulierten wir ihm mit einem aus Deutschland mitgebrachten persönlichen Geschenk und Kerzen zu seinem Geburtstag und konnten mit ihm und der Gruppe sein Fest feiern. Auch die Gruppe hat ihm gratuliert: Es wurde(n) ein selbst geschriebenes Gedicht vorgetragen und als „musikalisches Geschenk“ Lieder vorgesungen. Darüber freute er sich sehr.

Michail Saslawskij (geb. 1925) hat das Ghetto Domanewka überlebt. Geistig ist er total fit, körperlich etwas eingeschränkt. Er spricht noch sehr gut Deutsch und sagte am Ende der Kur: „ Im Laufe dieses Aufenthalts ist zwischen uns eine Brücke entstanden. Egal, wie weit wir auseinander sind, wir werden im Kontakt bleiben und diese Brücke aufrechterhalten“. Außerdem fügte er hinzu: „Wir nehmen die bösen Erinnerungen mit ins Grab. Jetzt müssen wir leben und diese Zeit hier genießen!“
Auch Wladimir Koltschinskij (geb. 1925) wurde während des 2. Weltkriegs im Ghetto Domanewka interniert. Er sagte: „Wir sind im Sanatorium als Fremde angekommen und jetzt Freunde für immer geworden. Zwischen uns war ein dünner Faden, der immer dicker geworden ist. Diese Freundschaft bleibt uns für immer!“
Adelina Pezyk (geb. 1935) ist eine sehr jung gebliebene Frau. Den Krieg hat sie im Versteck überlebt. Beim Abschiedsessen bedankte sie sich und sagte: „ Ich war schon viel unterwegs und habe Geschenke bekommen. Aber so etwas wie hier habe ich noch nicht erlebt. Das ist das größte Geschenk in meinem Leben. Größer als alle anderen Geschenke zusammen!“
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