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Ostergrüße von KZ- und Ghetto-Überlebenden aus Polen

Dominika Jedrzejczak aus Radom wünscht gesunde Ostertage, voller Zuversicht, Hoffnung und Liebe!

08.04.2020     In Zeiten von Corona und Social Distancing halten wir zu den KZ- und Ghetto-Überlebenden in Polen und anderen Ländern regelmäßigen telefonischen Kontakt. Sie erzählen uns von ihrem Leben im Lockdown, von ihren Sorgen und Nöten, spenden aber auch Hoffnung und Zuversicht in dieser schwierigen Zeit.

"Ich fühle mich isoliert", sagte Zdzislawa Wlodarczyk (86), Ehrenamtliche und Vertrauensfrau für die südpolnische Region Katowice, neulich am Telefon. "Die Straßen sind gespenstisch leer wie 1939. Gut, dass es Wasser, Brot und Strom gibt, nicht wie damals im Krieg". Die Auschwitz-Überlebende freut sich über die telefonischen Kontakte: "Sie geben mir Kraft und ich kann damit auch die anderen stärken."

Auch Dominika Jedrzejczak (79) aus Radom vermisst den persönlichen Kontakt. "Mit meinen Kameraden telefoniere ich täglich, wir muntern einander auf. Auch für Briefe und Grußkarten habe ich jetzt mehr Zeit", so die Überlebende des Ghettos Brest.

Auch wir im Maximilian-Kolbe-Werk erhielten eine schöne, selbstgebastelte Osterkarte von Dominika Jedrzejczak. Im Namen von KZ- und Ghetto-Überlebenden aus Radom schreibt sie:

Wir wünschen Ihnen gesunde und fröhliche Ostertage, voller Zuversicht, Hoffnung und Liebe, und senden sonnige Frühlingsgrüße und ein frohes Halleluja aus Radom! 

Diesen Wünschen schließen wir uns an und wünschen Ihnen und Ihren Lieben ein frohes und gesegnetes Osterfest!

Die Telefongespräche der letzten Tage mit KZ-Überlebenden in ganz Polen haben wir für Sie zusammengefasst. 

Alicja Kubecka, ehem. Vertrauensfrau des Maximilian-Kolbe-Werks in Warschau, Ehrenvorsitzende des Warschauer Häftlingsvereins

"Am meisten bedauere ich, dass ich nicht zu den Befreiungsfeiern nach Ravensbrück fahren kann. Diese wurden aufgrund der Corona-Pandemie abgesagt, zudem sind auch die Grenzen zu", sagt sie uns am Telefon.

Die 97-Jährige ist derzeit an ihre Wohnung gefesselt. Ihre beiden Töchter versorgen sie mit Einkäufen und sehen regelmäßig nach ihr. Beide arbeiten jetzt im Homeoffice, die eine für eine Baufirma, die andere als Lehrerin. Diese schickt ihren Schülern die Aufgaben online.

"Früher sind zwei Schülerinnen meiner Tochter mit mir regelmäßig spazieren gegangen, diese Spaziergänge vermisse ich sehr", erzählt Alicja Kubecka.

Anna Miraszewska, ehemalige Vertrauensfrau für die Region Torun

Bis vor kurzem kümmerte sich Anna Miraszewska noch um die KZ- und Ghetto-Überlebenden in ihrer Region Torun. Diese Arbeit musste sie nun aus gesundheitlichen Gründen niederlegen.

"Mein Mann und ich halten uns an die Vorschriften und bleiben daheim", erzählt die 82-jährige Überlebende des Lagers Potulice.

Seit dem 31. März gibt es landesweit die Verordnung, dass Senioren in der Zeit von 10 Uhr bis 12 Uhr nur in dringenden Fällen das Haus verlassen dürfen, u.a. um Einkäufe zu erledigen. In diesem Zeitraum sind Apotheken, Lebensmittelgeschäfte und Drogerien für Senioren reserviert, um sie zu isolieren und zu schützen.

Dominika Jedrzejczak, Vertrauensfrau für die Region Radom

Dominika Jedrzejczak (79)  macht sich große Sorgen, wann sie den nächsten Arzttermin bekommt, denn sie ist schwerkrank. Der Arzt hat ihr strikt verboten, die Wohnung zu verlassen, da sie zur Risikogruppe gehört. 

"Nun setze ich mich auf den Balkon. Das ist mein Spaziergang," sagt sie. Ihre Tochter versorgt sie in dieser schwierigen Zeit.

"Mit den KZ-Überlebenden in Radom halte ich telefonischen Kontakt, wir muntern einander auf. Auch für Briefe und Grußkarten habe ich jetzt mehr Zeit", so die Überlebende des Ghettos Brest.

Edmund Ciara, Vertrauensmann für die Region Bydgoszcz

Edmund Ciara hält telefonischen und Mail-Kontakt zu den KZ- und Ghetto-Überlebenden in seiner Region.

"Die Mails mit Hilfeanfragen bearbeitet meine Frau Helena, sie kennt sich mit dem E-Mail-Programm besser aus", gesteht der 83-Jährige.

Dem Überlebenden des Lagers Potulice und seiner Familie geht es den Umständen entsprechend gut. "Bitte grüßen Sie all die guten Menschen im Maximilian-Kolbe-Werk und in ganz Deutschland herzlich von uns aus Polen", sagt er zum Abschied.

Halina Sitterle, Vertrauensfrau in der Dreistadt Gdansk, Gdynia und Sopot

Die 77-jährige Halina Sitterle und ihr Mann gehen nicht vor die Tür.

"Unsere Kinder kaufen für uns ein und erledigen andere Besorgungen. Die meisten Arztpraxen arbeiten. Zum Glück gibt es seit neustem das "elektronische Rezept", das telefonisch beim Arzt angefordert und dann anhand eines Codes und gegen Vorlage des Personalausweises in der Apotheke abgeholt werden kann", erzählt die Überlebende des Lagers Potulice.

Auf diese Weise wird auch Halina von ihren Kindern mit den Medikamenten versorgt.

Janina Ziemnik, Vertrauensfrau für die Region Opole und Nysa

Janina Ziemnik (82) ist überrascht und gleichzeitig sehr erfreut über unseren Anruf. "Ich sitze daheim, wie im Gefängnis", sagt sie. "Zum Glück wohnt mein Sohn in der Nähe, der für mich die Einkäufe erledigt."

Die Überlebende des Lagers Siemianovice hält regen Kontakt zu ihren "Schutzbefohlenen" und bedauert, dass sie die Kranken in der jetzigen Situation nicht besuchen kann.

Janina Ziemnik würde in diesem Jahr gern als Zeitzeugin nach Deutschland kommen. "Vielleicht klappt es ja noch im Spätjahr."

Sie wünscht auf diesem Wege frohe Ostern und grüßt alle Freunde in Deutschland.

Jadwiga Wakulska, Vertrauensfrau für die Region Lublin

Jadwiga Wakulska und ihrem Mann geht es soweit gut. Sie ist froh, dass der Termin für ihre wichtige Operation bereits Ende Januar war. Jetzt hätte sie keinen Termin mehr bekommen. Ihre Operation hat die 76-jährige Überlebende des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau gut überstanden.

Gern wäre Jadwiga nach ihrer Operation zu einer Kur gefahren. Sobald die Sanatorien in Polen wieder ihren Betrieb aufnehmen, werden wir Frau Wakulsa einen Kuraufenthalt ermöglichen. 

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